Breites Hotelangebot, gute Infrastruktur und rund 8000 km Mittelmeerküste – die Türkei als Urlaubsland punktet vor allem bei Familien. Was passiert jedoch, wenn man krank in der Türkei wird und im Urlaub zum Arzt muss? Wie ist die medizinische Versorgung, wenn man in der Türkei unerwartet ins Krankenhaus muss? Wir haben bei der Notrufzentrale der ERGO Reiseversicherung nachgefragt. Das gilt es für den Urlaub in der Türkei zu beachten!
Staatliche Krankenhäuser sind medizinisch modern ausgestattet, das Personal gut ausgebildet und auch auf Privatpatienten eingestellt.
In den Haupt-Touristengebieten rund um Alanya, Side, Belek oder Kemer gibt es viele Privatkliniken als Ketten, die sich hauptsächlich auf Urlauber spezialisiert haben. Aber gerade dieses Netzwerk bereitet uns in der Notfallhilfe häufig Probleme.
Aufgrund der modernen Einrichtung und Servicebereitschaft wirken diese Kliniken eher wie Hotels und sind für Urlauber ansprechend – auch, weil dort die Sprachbarriere niedriger als in den staatlichen Krankenhäusern ist und es deutsch sprechende Ärzte gibt.
Patienten und Verwandte fühlen sich gut aufgehoben. Ein zweites Bett wird zum Beispiel oft gratis dazu angeboten. Allgemein „landen“ Hotelgäste bei medizinischen Problemen in den meisten Fällen in einer Privatklinik, weil z. B. der Taxifahrer automatisch dorthin fährt, der Hotelarzt eine Empfehlung ausspricht oder sogar den Transport organisiert.
Die erste Anlaufstelle für Urlauber ist in der Regel der Hotelarzt. In vielen Hotelanlagen sprechen diese Deutsch. Sind es kleinere Verletzungen oder harmlose Erkrankungen, läuft es für die meisten Urlauber ohne Probleme.
Handelt es sich jedoch um einen Notfall und eine stationäre Behandlung, kann es schon anders aussehen. Denn Hotel-Ärzte unterhalten oft Belegbetten in privaten Krankenhäusern oder werden für die Vermittlung von ausländischen Patienten entlohnt. Auch Taxifahrer oder das Hotel selbst erhalten häufig eine Vermittlungsprovision.
So werden Urlauber als Privat-Patienten zu einer wichtigen Einnahmequelle für alle Beteiligten – und die Behandlungskosten spielen dabei eine große Rolle. Aus medizinischer Sicht sehen wir es sehr kritisch: Nach unserer langjährigen Assistance-Erfahrung kommt es in der Türkei häufig zu Überbehandlungen, Operationen (z. B. Blinddarm-OPs ohne Grund), unnötigen, oft strahlenbelastenden Untersuchungen, Verlängerung des Aufenthalts oder Behinderung der Kommunikation mit der Notrufzentrale.
Wir beobachten den türkischen Markt fortlaufend und hatten in der Vergangenheit viele besorgniserregende Fälle.
Gerade, wenn Urlauber oder ein Familienmitglied im Ausland erkranken und im Krankenhaus landen, ist die Verunsicherung groß. Wenn in dieser Situation Diagnosen gezielt „dramatisiert“ werden oder auch Angst geschürt wird, schadet es den Patienten – für die Genesung und den weiteren Ablauf.
Wir hatten auch Fälle, in denen die Kommunikation mit uns und den Patienten massiv behindert wurde oder Falschaussagen in unserem Namen an unsere Versicherten weitergegeben wurden. Es kam vor, dass ein Versicherter aufgrund einer Lungenentzündung in eine Fachklinik verlegt werden sollte und die Verlegung ohne unser Wissen organisiert wurde. Statt der Fachklinik „landete“ er jedoch nur in einer anderen Privatklinik der gleichen Kette. Den medizinischen Grund dafür konnte man uns nicht nennen.
Aus diesen Gründen ist bei stationären Behandlungen in der Türkei unser Ziel, Versicherte so schnell wie möglich nach Hause zu holen, um eine zuverlässige Weiterbehandlung und stressfreie Genesung sicherzustellen.
Oft erfahren wir von den Problemen erst, wenn uns verunsicherte Kunden anrufen und ihren Fall schildern. Oder sogar erst, wenn sie zurück in Deutschland sind und sich über nachträgliche Rechnungen und angebliche Aussagen der Versicherung beschweren.
Zum Glück melden sie sich – so können wir weitere Kosten, die ungerechtfertigt verlangt werden, verhindern.
Unsere Empfehlung: Bei stationärer Behandlung in einem türkischen Krankenhaus am besten direkt die Notrufzentrale der Auslandskrankenversicherung (wenn vorhanden) kontaktieren. Idealerweise schon vor der Aufnahme in eine Privatklinik oder spätestens danach. Dann kann sich die Notrufzentrale gezielt in das sogenannte Case Management der Klinik einbinden und den Reisenden bei weiteren Behandlungsschritten begleiten.
Wichtig bei Operationen: Steht ein operativer Eingriff an, sollten Reisende zusätzlich eine zweite Meinung einholen und sich nicht vorschnell entscheiden oder gar bedrängen lassen. Neben der vollen Übernahme der Behandlungskosten bis hin zum Rücktransport nach Hause, prüfen unsere die Reisemediziner der Notrufzentrale die lokale Behandlungsempfehlung und stehen Patienten unterstützend zur Seite.
Bedingt durch wachsende Tourismuszahlen vereinzelt Fälle in Bulgarien oder auf Mallorca, allerdings nicht in diesem Ausmaß.